Physikprüfung
Es war einmal in Kopenhagen. - Das nun folgende war wirklich eine Frage,
die in einer Physikprüfung
an der Universität von Kopenhagen
gestellt
wurde:
"Beschreiben Sie, wie man die Höhe eines Wolkenkratzers mit einem
Barometer feststellt."
Ein Kursteilnehmer antwortete: "Sie binden ein langes Stück Schnur
an
den Ansatz des Barometers,
senken dann das Barometer vom Dach des
Wolkenkratzers zum Boden. Die Länge der Schnur plus
die Länge des
Barometers entspricht der Höhe des Gebäudes."
Diese in hohem Grade originelle Antwort entrüstete den Prüfer dermaßen,
dass der Kursteilnehmer
sofort entlassen wurde. Er appellierte an seine
Grundrechte, mit der Begründung dass seine Antwort
unbestreitbar
korrekt war. Die Universität ernannte einen unabhängigen Schiedsrichter,
um den Fall
zu entscheiden. Der Schiedsrichter urteilte, dass die Antwort
in
der Tat korrekt war, aber kein
wahrnehmbares Wissen von Physik zeige.
Um das Problem zu lösen,
wurde entschieden den Kursteilnehmer nochmals
herein zu bitten und ihm
sechs
Minuten zuzugestehen, in denen er eine
mündliche Antwort geben konnte,
die mindestens eine
minimale Vertrautheit
mit den Grundprinzipien von Physik
zeigte. Für fünf Minuten saß der Kursteilnehmer
still, den
Kopf nach vorne, in Gedanken versunken.
Der
Schiedsrichter erinnerte ihn, dass die Zeit lief, worauf der
Kursteilnehmer antwortete, dass er einige
extrem relevante Antworten
hatte, aber sich nicht entscheiden könnte, welche er verwenden sollte.
Als ihm geraten wurde, sich zu beeilen, antwortete er wie folgt:
"Erstens könnten Sie das Barometer bis zum Dach des Wolkenkratzers
nehmen, es über den Rand fallen
lassen und die Zeit messen, die es
braucht, um den Boden zu erreichen. Die Höhe des Gebäudes kann
mit der
Formel H=0.5g*t zum Quadrat berechnet werden. Der Barometer wäre allerdings
dahin!
Oder, falls die Sonne scheint, könnten Sie die Höhe des Barometers
messen, es hochstellen und die
Länge seines Schattens messen. Dann
messen Sie die Länge des Schattens des Wolkenkratzers.
Anschließend
ist
es eine einfache Sache, anhand der proportionalen Arithmetik die Höhe
des
Wolkenkratzers zu berechnen.
Wenn Sie aber in einem hohem Grade wissenschaftlich sein wollten,
könnten Sie ein kurzes Stück Schnur
an das Barometer binden und
es
schwingen lassen wie ein Pendel, zuerst auf dem Boden und dann auf dem
Dach
des Wolkenkratzers. Die Höhe entspricht der Abweichung der
gravitationalen
Wiederherstellungskraft T=2 pi zum Quadrat (l/g).
Oder, wenn der Wolkenkratzer eine äußere Nottreppe besitzt, würde
es am
einfachsten gehen da hinauf
zu steigen, die Höhe des Wolkenkratzers
in Barometerlängen abzuhaken und oben zusammenzählen.
Wenn Sie aber bloß eine langweilige und orthodoxe Lösung wünschen,
dann
können Sie selbstverständlich
den Barometer benutzen, um den Luftdruck
auf dem Dach des Wolkenkratzers und auf dem Grund zu
messen und der
Unterschied bezüglich der Millibare umzuwandeln, um die Höhe des
Gebäudes zu berechnen.
Aber, da wir ständig aufgefordert werden die Unabhängigkeit des
Verstandes zu üben und wissenschaftliche
Methoden anzuwenden, würde
es
ohne Zweifel viel einfacher sein, an der Tür des Hausmeisters zu
klopfen und ihm zu sagen: "Wenn Sie einen netten neuen Barometer
möchten, gebe ich Ihnen dieses hier,
vorausgesetzt Sie sagen mir die
Höhe dieses Wolkenkratzers."
Der Kursteilnehmer war Niels Bohr, der erste Däne der überhaupt
den
Nobelpreis für Physik gewann....
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